Werte: Verletzte Wertvorstellungen (mit Erste Hilfe Tipps: Was tun?)

Werte sind der Kompass und die Motivation, die uns antreiben. Werte, die nicht erfüllt, oder sogar verletzt wurden, können im schlimmsten Fall krank machen. Das, worüber Sie sich aufregen, zeigt an, welcher Ihrer Werte verletzt wurden. Wie Sie vom Überlebensmodus wieder in einen authentischen und erfüllten Zustand kommen, erfahren Sie hier.

Werte und Wertvorstellungen

Menschen haben unterschiedliche Werte. Oftmals verstehen sich Menschen, die eine größtmögliche Schnittmenge an gemeinsamen Werten haben, besser miteinander. Die Zusammenarbeit fällt leichter, die Ergebnisse fallen besser aus. Gemeinsame Werte sind oft die Grundlage für ein gemeinsames Handeln (nicht nur in Kirche und Gesellschaft).

Werte bezeichnen auch Tugenden, Grundüberzeugungen, eine Geisteshaltung oder Grundeinstellung. Bisweilen werden auch Moralvorstellung damit verbunden. Wertvorstellungen sind Eigenschaften, die als moralisch gut oder erstrebenswert betrachtet werden. Als praktische bzw. sittliche Ideale, Handlungsmuster oder Charaktereigenschaften.

Orientierung

Werte entspringen aus Motiven und Bedürfnissen. Mit ihnen verbindet jeder seine eigenen Erwartungen und Ziele. Werte geben Orientierung. Sie schaffen Sinn und Stabilität für jeden Einzelnen. Nach außen hin, gegenüber Freunden, Kollegen, Patienten, beruflichen Kooperationspartnern vermitteln sie einen "Kompass", geben eine Richtung und sogar eine Mission oder Vision vor.

Werte in der Klinik

Werte in der Klinik dienen als Basis für Zielsetzungen und Handlungsaufforderungen für die Mitarbeiter: Die meisten Kliniken präsentieren Ihre Werte oder Ihre Leitsätze auf der ersten Seite Ihrer Internetpräsenz. Manche Kliniken widmen einem Wert sogar eine jährliche Broschüre.

In der Deklaration von Genf heißt es: „Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.“ Das Patientenwohl steht als höchstes Gut an oberster Stelle, und wird auch von den meisten Kliniken explizit so benannt. Das Handeln der Mitarbeiter aller Berufsgruppen, einschließlich Verwaltung, soll sich an den genannten Werten ausrichten. Viele Kliniken erwähnen explizit, dass z.B. die Verantwortung, Sicherheit oder Fürsorglichkeit sich auch auf ihre Mitarbeiter bezieht.

"S-O-S"-Werte

Die „S-O-S“-Werte, die es  auch in Industriebetrieben gibt (Sauberkeit, Ordnung, Sicherheit), sorgen für ein sicheres Umfeld. Humanistische Werte wie Fürsorge, Mitgefühl und Nächstenliebe sorgen für das zwischenmenschliche Wohlfühlklima, und tragen nachweislich zu einer besseren Gesundung des Patienten bei. Darüber hinaus ergänzen Kliniken individuell das „Beziehungsangebot“ zum „Patienten als Gast: Ankommen, und sich wohl fühlen“, mit besonderen Service-Leistungen und  Privatsphäre oder der „Familie auf Zeit“.

"V"-Werte

Die drei „V“-Werte Verantwortung, Vertrauen und Verlässlichkeit stellen idealerweise eine Selbstverständlichkeit für jeden Mitarbeiter der Klinik dar. Verantwortung für das eigene Handeln. Vertrauen in das Team, gegenüber dem Patienten, sowie vertrauensbildende Maßnahmen, um dem Patienten ein Gefühl der guten Versorgung und der Sicherheit zu geben. Verlässlichkeit, mit der der Patient und die Kollegen rechnen dürfen.

Qualitätsziele oder -werte sorgen im Unternehmen für das Vertrauen und die Verlässlichkeit. Medizinisches Risikomanagement und Qualitätsmanagement sorgen für Patienten- und Mitarbeitersicherheit, z.B. im Umgang mit Keimen, Barcode-Scanning und Patientenarmbänder zur Vermeidung von Verwechslungen, Team-Time-Out mit OP-Checkliste, Weisungen zum Umgang mit Hochrisiko-Medikamenten, CIRS-Melde- und Lernsysteme zum Lernen aus kritischen Ereignissen.

Werte im Wandel der Zeit

Werte unterliegen dem Wandel der Zeit. Dennoch sind sie kontinuierlich vorhanden. In der Antike lag der Sinn oder Wert darin, das „Wahre, Gute und Schöne“ zu vermehren. In mittelalterlichen Klöstern lautete die Wertvorstellung „ora et labora“: bete und arbeite. Heutige Werte in der Arbeitswelt sind oftmals: Integrität, Recht, Fürsorge, soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und Ästhetik. 

Heutzutage geht der gesellschaftliche Trend hin zu „teile und wirtschafte“. Teile dein Wissen, was mittels Internet so leicht und schnell geht wie nie zuvor. Wirtschafte gut, und übernimm soziale Verantwortung. Für eine Klinik bedeutet dies: Sorge für die Patienten, kümmere dich um deinen Mitarbeiter-Nachwuchs, und verwende die finanziellen Mittel mit Bedacht.

Verletzung von Werten

Hingegen, wenn die eigenen Werte nicht beachtet oder lächerlich gemacht werden, oder sogar bewusst übergangen werden, führt dies zu folgenden Gedanken und Gefühlen:

Die Folgen der Wert-Verletzung

Diese Gedanken und Gefühle können hin zu Depressionen, Burnout oder psychosomatischen Beschwerden führen. Geist und Körper reagieren automatisch, und kommen in den Überlebensmodus. Man versucht alles, dieser unangenehmen, bedrohlichen Situation zu entkommen. Und diese dauerhaft zu vermeiden.

Ein Kreislauf beginnt: Je häufiger dieses Gefühl aufkommt, desto häufiger treten ungewünschte, und unbeabsichtigte Beschwerden auf. Diese richten sich oftmals gegen einen selbst. Und gegen andere, die diese Verletzungen auslösen. Es kommt zu schlechter und gereizter Stimmung. Oder man versucht, dem Problem oder der Person aus dem Weg zu gehen. Es wird dadurch nicht besser. 

Das Fatale ist: Man befindet sich im Überlebens-Modus. Oftmals wird der Fokus auf diese eine Wertverletzung gelegt. Von 10 Erlebnissen am Tag, die gut liefen, wird der Tag auf das eine schlechte, wertverletzende Erlebnis reduziert. Dieser Tag mit dem einen Ereignis, dass die eigenen Werte verletzt hat, wird oftmals als äußerst frustrierend erlebt.

Die eigenen Werte kennen

Um zu erkennen, worüber man verärgert oder verletzt reagiert, ist es wichtig, die eigenen Werte zu kennen. Wenn Sie wissen, worüber Sie sich ärgern, oder worin Ihre Werte verletzt werden, können Sie agieren. Sie können dies bennen. Sie können freundlich darauf hinweisen, welche Werte oder Grenzen gerade bei Ihnen überschritten wurden. Sie können darum bitten, oder einfordern, dass Ihre Werte entsprechend respektiert werden.

Erste Hilfe Tipps

Laden Sie die 100-Werte-Liste hier herunter, und wählen Sie aus. 

Werte als Team

Definieren Sie Ihre drei bis fünf wichtigsten Werte für Ihre Mitarbeiter. Idealerweise teilen Ihre Mitarbeiter diese Werte mit Ihnen. Bei Neueinstellungen können Sie darauf achten. Bei einem bestehenden Team ist es wichtig, Ihren Mitarbeitern diese Werte zu benennen. Und vor allem vorzuleben.

Wenn Sie eine größtmögliche Identifikation Ihres Teams mit gemeinsamen Werten möchten, erstellen Sie ein gemeinsames Werte-Leitbild. Dies erleichtert die Zusammenarbeit. Einzeln benannte Werte können ggf. geclustert werden (z.B. Disziplin, Fleiß, Ausdauer oder Freundlichkeit, Aufmerksamkeit, Wertschätzung; und unter einem gemeinsamen Begriff zusammen gefasst werden). "Exotische Werte", die genannt werden, sollten gewürdigt werden. Und als Teambeschluss der "größtmögliche Nenner" der drei bis fünf Werte angeführt werden.

Persönliche Werte

Finden Sie für Ihr (Privat-)Leben ebenfalls bis zu zehn Werte, die Ihnen wichtig sind. Diese können identisch sein mit den Werten für Ihre Arzttätigkeit. Möglicherweise sind die Werte hier nun in einer anderen Rangfolge wichtig für Sie. Prüfen Sie, inwieweit Sie Ihre Werte selbst (vor)leben.

Foto: Danke an edgar soto auf unsplash

Beitrag von Diana Runge, Gründerin docopulco & Online Coach für Chefärzt/innen