New Work
Die neue Arbeitswelt ist gekennzeichnet von mehr Selbständigkeit, Freiheit, Vernetzung, Teilen von Wissen und neue Arten der Arbeit und Zusammenarbeit. Merkmale des New Work sind u.a. Agilität (Flexibilität und Schnelligkeit), eine Verschmelzung von Arbeiten und Privatleben (örtlich und zeitlich) unter Einbeziehung der Digitalisierung.
Für Ärzte und Ärztinnen bedeutet dies ebenfalls Chancen, vermehrt Zeit im Homeoffice zubringen zu können. Dokumentationen, Briefe, Reviews, Protokolle, Auswertungen können sicherlich auch im Homeoffice bearbeitet werden. Die Durchführung von Videosprechstunden könnten eine weitere Alternative darstellen. Telemedizin bietet die Möglichkeit, Arbeitszeit und Arbeitsort flexibler zu gestalten.
Anlässe für eine Videosprechstunde
- Erstberatung zu einer möglichen Diagnose
- Durchsprache der Befunde und Therapie
- Erläuterungen geben / Vorgehen besprechen zur empfohlenen Therapie
- Nachsorge, z.B. nach einer OP
- Verlaufskontrolle von Stimme oder Sprache
- Kontrolluntersuchungen, die ohne Abtasten möglich sind
- Regelmäßige Kontrollgespräche bei chronischen Krankheiten
- Telekonsil, zum Einholen einer Zweitmeinung mit einem ärztlichen Kollegen
Patienten schätzen an der Telemedizin vor allem, dass die lange Wartezeit auf einen Termin beim Facharzt / bei der Fachärztin entfällt. Ärzte wiederum können Telemedizin auch nutzen, um sich mit Fachkollegen auszutauschen. Unklare Diagnosen können im (Telemedizin-)Ärzte-Netzwerk schneller abgeklärt werden, Zweitmeinungen schneller erfragt werden, und Bildmaterial live ausgetauscht werden
Grenzen und Risiken der Telemedizin für Ärztinnen und Ärzte im Rahmen von "New Work"
- ggf. Vermischung von Arbeits- und Privatzeit (wie sonst auch...)
- Investitionskosten für zertifizierte Videodienstanbieter, zur Gewährleistung des Datenschutzes und der Informationssicherheit
- Auswahl und Einarbeitung in das System und die digitale Kommunikation erfordern Zeit
- Fernbehandlung ist kein Ersatz für das persönliche Gespräch / die persönliche Untersuchung vor Ort beim Patienten (Gefahr der Fehlbehandlung)
- Gefahr der eigenen Isolation, wenn dieses Arbeitsmodell alleinig gewählt wird; es fehlt der persönliche Umgang mit Menschen
- Ton- und Bild sind nicht immer in der gewünschten Qualität vorhanden - technische Schwierigkeiten können "negativ abfärben" auf die Expertise als Mediziner/in
- Ärzte benötigen vor der Videosprechstund eine schriftliche Einwilligung des Patienten
- die Durchführung der Videosprechstunde muss die Privatsphäre des Patienten gewährleisten (für Arzt und Patient)
- die Videosprechstunde darf nicht aufgezeichnet werden (weder vom Arzt, noch vom Patienten) - Ärzte müssen ggf. auf die "Regeln" jeweils zu Beginn hinweisen
Trotz mancher Risiken oder Hürden lohnt es sich, sich näher mit dem Thema Videosprechstunde oder Telemedizin zu beschäftigen.
Meine Erste Hilfe Tipps und praktische Adressen
- ein offenes Mindset für Technische Möglichkeiten und menschliche Nähe trotz Fern-Behandlung hilft, mögliche Anfangshindernisse zu überwinden
- ein individuelles Netzwerk mit anderen Medizinern unterstützt für eine medizinische Zweitmeinung oder Folge-Therapie als online-interdisziplinärer Zusammenarbeit, z.B. figure1
oder ein Ärztenetzwerk für den fachlichen Austausch zu Patientenfällen und Zweitmeinungen bei coliquio - ein Netzwerk Gleichgesinnter in Verbänden unterstützen professionell, z.B. der Bundesverband Internetmedizin
- Deutschland: auf der Seite der KBV / Kassenärztliche Bundesvereinigung, die pdf-Liste (Stand 19.10.22) der zertifizierten Videodienstanbieter finden Sie hier: Zertifizierte Videodienstanbieter (Stand: 19.10.2022) sowie
das Verzeichnis der Telemedizin-Hersteller vom AK Telemedizin des Spitzenverbands Digitale Gesundheitsversorgung Telemedizin-Verzeichnis (Hersteller) - Schweiz: auf der Seite des Berufsverbandes FMH Telemedizinanbieter + kostenfreie sichere Videokonferenzen
- Österreich, Liechtenstein, Südtirol: Informationen zu Telemedizn finden Sie auf der Seite des Vereins Telemedaustria
Fazit
Vieles befindet sich aktuell im Wandel, auch die Anforderungen und Bedürfnisse der Menschen an ihre Tätigkeit und Arbeitsgestaltung ändern sich. Digitalisierung hat viele Berufe und Arbeitsbereiche verändert. Vernetzung, Schnelligkeit und individualisierte Medizin können durch Telemedizin gut angeboten werden. Veränderungen der Arbeitsorte mit einer Verlagerung in das eigene Zuhause sind auch für Ärzte inzwischen gut machbar. Videosprechstunden sind eine gute Ergänzung sowohl für Ärzte, als auch Patienten zur klassischen Behandlung. Trotz mancher Risiken oder Hürden lohnt es sich, sich näher mit dem Thema Videosprechstunde zu beschäftigen.
Danke: Photo von Joshua Woroniecki auf unsplash.com
Beitrag von Diana Runge, Gründerin docopulco & Online Coach für Chefärzt/innen