Konflikte lösen (mit Erste Hilfe Tipps)

Konflikte kommen überall dort vor, wo mindestens zwei Menschen unterschiedlicher Meinung sind, unterschiedliche Bedürfnisse haben, und diese durchsetzen möchten. Es geht um Interessen und Ziele, die unvereinbar scheinen. Es kann zu einer Auseinandersetzung um ein begehrtes Gut gehen. In Klinik, Spital und Arztpraxis sind diese knappen Ressourcen meistens die Mitarbeiter, Zeit und Budgets.

Bei einem Konflikt (von "Zusammenkommen" oder "Kämpfen") geht es erst einmal darum, das beste Ergebnis oder die beste Ressource zu finden, um etwas zu erreichen oder durchzuführen. Zu einer Auseinandersetzung kommt es dann, wenn es zu keiner Einigung kommt. Die Möglicheiten zur Konfliktbewaltigung finden Sie unten in den „Erste Hilfe Tipps“.

Konflikte entstehen oftmals aufgrund eines Gefühls von "Ohn-Macht", Mangel oder Angst. Aus Konkurrenzdruck, oder dem Wunsch oder der tatsächlichen Ausübung von Macht entstehen Konflikte. Sie drücken sich aus in Kontroversen, einem offenen Streit, oder darin, dass man nicht mehr miteinander spricht und sich aus dem Weg geht. Im Arbeitsumfeld von Klinik, Spital und Praxis oder im Arbeitsalltag sorgt ein Streit oder eine Spannung für eine schlechte Arbeitsatmosphäre, Stress, und schlechtere Ergebnisse. Im schlechtesten Fall bekommen Patienten Auseinandersetzungen im Team mit - mit der Folge, dass sie zukünftig lieber zu einer anderen Klinik oder Praxis gehen.

Konflikt 1

Auswirkung des Konfliktes auf die Personen

Einzel-Konflikt

Möglich ist eine Unzufriedenheit mit der eigenen Rolle. Oder eine eigene Verpflichtung zu verspüren gegenüber Kollegen oder Patienten - „man müsste mehr arbeiten, andere unterstützen“. Mancher mag unglücklich sein in seiner Tätigkeit, ihm fehlt die Anerkennung der eigenen Leistung. Gedanken der inneren Kündigung können aufkommen. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Gefühl des Ausbrennens und Burnouts führen. Es handelt sich um eine belastende Situation für den Einzelnen, um einen inneren Konflikt.

Zweier-Konflikt

Hier geht es um Interessen und Ziele, die unvereinbar scheinen. Möglicherweies fühlen sich beide Konfliktparteien nicht gut mit der Situation. Oder die Beteiligten sind entschlossen, ihre Interessen mit allen Mitteln zu verteidigen und durchzusetzen. Bei den Beteiligten kann es sich um einzelne Personen handeln, oder um zwei konkurrierende Teams. In einem Arbeitsteam kann sich ein Konflikt negativ auf die Motivation aller auswirken. 

Konflikt 2

Hilfreich ist, zu erkennen, um welche Art von Konflikt es sich handelt. Anschließend ist es möglich, Lösungen oder „Vermeidungsstrategien“ zu finden.

Rollen-Konflikt

Druck von außen: Dieser entsteht durch unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Anforderungen von anderen an sich selbst (z.B. von Geschäftsführung, Mitarbeitern, Zuweisern und Patienten). Ein Chefarzt ist gleichzeitig Führungskraft für seine Mitarbeiter, aber auch Mitarbeiter in der Klinik. Bisweilen kann diese „Sandwich-Funktion“ (umgeben von oben und unten mit den Anforderungen anderer) belastend wirken. Es handetl sich um einen klassischenb Einzelkonflikt: Innere Ansprüche und ein selbstgemachter Druck kann zu Rollenkonflikten führen („Eine guter Arzt sollte ... / eine engagierte Chefärztin müsste... / als befreundete Kollegin wäre es meine Pflicht ...)

Akzeptanz-Konflikt

Es kann auch zu dem Fall kommen, dass man sich in seiner Rolle äußerst wohl fühlt, doch ein anderer Sie nicht in dieser Rolle akzeptiert. Die Gründe können vielfältig sein: Ein älterer Kolleger akzeptiert nicht, dass ihm ein jüngerer Chef „vor die Nase gesetzt wird“. Eine Kollegin versteht nicht, warum die andere Kollegin befördert wurde, und ihr auf Aufgaben übertragen oder Vorschriften machen darf. Ein Mitarbeiter traut es dem neuen Chef nicht zu, dass dieser das Team genauso gut führen kann wie der bisherige Chef, der nun im Ruhestand ist.

Ziel-Konflikt

Ein „sachlicher“ Konflikt liegt vor bei unterschiedliche Zielen oder andersgewichteten Prioritäten. Im Krankenhaus kann es beispielsweise zu Diskussionen kommen über die Verteilung von Budgets: Die (möglicherweise notwendige) Zielsetzung des Budget-sparens und wirtschaftlichen Handelns von Controlling oder der Geschäftsführung steht ggf. in einem Konflikt zu dem ärztlichen Ansatz, die bestmögliche Patientenversorgung bieten zu können, bei einem höheren Einsatz finanzieller Mittel.

Sach-Konflikt

Ähnlich wie beim Ziel-Konflikt gibt es hier unterschiedliche Ansichten oder Prioritäten zu einem Thema. Verschiedene Kriterien für die Auswahl eines neuen Dienstleisters können beispielsweise sein: nach Qualität, Lieferzeit, Kosten, Nachhaltigkeitsfaktoren, regionale Nähe. Der Einzelne möchte seine Wertvorstellungen oder Qualitätskriterien als Maßstab ansetzen.

Ressourcen- oder Verteilungs-Konflikt

Immer, wenn es um die Verteilung knapper Ressourcen geht, kann es zu Konflikten kommen. Ein Gefühl des Mangels stellt sich ein, und ein Gefühl des Begehrens. Personen und Abteilungen ringen um die besten Ressourcen. Beispiele hierfür: Wer erhält die OP-Räume zu seinen bevorzugten Zeiten? Wer muss den Wochenend-Dienst leisten? Wer darf zuerst seinen Urlaub planen? Wer erhält das Budget für eine notwendige Investition?

Beziehungs-Konflikt

Hier wird es kniffliger, nicht immer ist dieser auf den ersten Blick zu erkennen. Manchmal werden andere Gründe vorgeschoben, und man erkennt erst spät, dass der Konflikt in der Beziehung der Personen liegt. Dieser Konflikt liegt vor, wenn sich jemand am Verhalten oder den Aussagen des anderen stört, wenn es in der Person bedingt ist. Bisweilen bemerkt man, dass ein anderer die Augen rollt, bissige Bemerkungen macht, oder sich demonstrativ wegdreht, wenn eine bestimmte Person das Wort ergreift. Schlimmstenfalls kann es zu Beschwerden oder Anschuldigungen kommen oder gar zu Mobbing. Hier liegt der Konflikt auf der persönlichen Ebene, oftmals aus früheren Verletzungen, Neid oder Missgunst.

Wahrnehmungs- oder Beurteilungs-Konflikte

Hierbei handelt es sich wortwörtlich um eine Meinungsverschiedenheit. Jeder besitzt eine andere Wahrnehmung und darauf basierend entwickeln sich individuelle Ansichten. Zu einem Konflikt kommt es dann, wenn die eigene Meinung als absolut richtig gesetzt und die Sichtweise anderer als Irrtum abgeschrieben wird. Sich selbst Recht zugestehen und dem Gegenüber absprechen ist die klassische Grundlage für einen Wahrnehmungskonflikt. 

Grundsätzlich ist Kompromisslosigkeit beziehungsweise Unnachgiebigkeit ein Wesensmerkmal für alle Konfliktarten. Jede Meinungsäußerung wird durch individuelle Werte und Vorstellungen gestützt. Diese treffen in manchen Situationen aufeinander und können, sofern nicht geschlichtet wird, eskalieren. Sie können sich in Wut, lauten Worten, verbalen und handgreiflichen Verletzungen äußern.

Konflikt 3

Meine Erste Hilfe Tipps - Wie löst man den Konflikt?

Sie haben verschiedene Möglichkeiten zur Lösung eines Konflikts. Manch einer vermeidet den Streit, ein anderer setzt auf Konfrontation. Möglicherweise lässt sich ein Kompromiss finden, der für alle Seiten akzeptabel ist. In gegenseitigem Einvernehmen oder zu beidseitigem Vorteil (Kooperation oder Win-Win-Situation) wäre der Idealfall.

Win-Win-Situation oder Kooperation herstellen

Das Ziel ist es, unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse in Einklang bringen. Die Lösung erfolgt zu beidseitiger Zufriedenheit. Der Wunsch, oder zumindst die Offenheit und Bereitschaft für eine mögliche Lösungsfindung muss von beiden Seiten vorhanden sein. Bisweilen kann eine dritte neutrale Person moderieren (ein externer Coach, Mediator, oder ein interner Trainer).

Für die Win-Win-Situation (Kooperation) ist es wichtig, die eigenen Interessen zu kennen, Verhandlungsgeschick zu zeigen, hinzuhören und das eigene "unterste Limit" festzulegen. Ein Perspektivenwechsel ermöglicht vielfach während des Konflikts zu erkennen, dass es gemeinsame Interessen gibt mit dem Anderen. Heben Sie diese explizit hervor. Dann steht einer Lösung zu beidseitiger Zufriedenheit nichts mehr im Wege.

Kompromiss finden

Oftmals wird ein Kompromiss geschlossen, wenn beide Parteien die gleiche Machtposition inne haben. Keiner kann die eigene Interessen durchsetzen, und möchte auch seinen Standpunkt nicht verlassen. Beide Partner verzichten beim Kompromiss auf etwas, oder erhalten nur teilweise eine Lösung. Es kann ein faires Vorgehen sein, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, oder individuelle Zugeständnisse zu treffen, die passend sind für die Beteiligten. Es kann aber beim Konflikt bleiben, oder einen neuen eröffnen, wenn eine Partei doch nicht zufrieden ist mit der Entscheidung. Der Kompromiss kann zu einer (kleineren) Win-Win Situation führen, als auch zu einer Lose-Lose-Situation. Ebenso könnte eine der Streitparteien sich eher als Gewinner, die andere eher als Verlierer fühlen.

Vermeiden 

Nehmen wir an, Sie haben nun gar keine Lust auf einen Konflikt. Sie haben den Wunsch nach Harmonie, möchten Streit vermeiden. Gleichzeitig haben Sie die Befürchtung, Ihre Position nicht durchsetzen zu können. Oder es herrscht Unsicherheit, wie das Problem angesprochen werden könnte - oder die Befürchtung, es noch schlimmer zu machen. 

Selbstverständlich können Sie die Konfliktsituation vermeiden, der entsprechenden Person aus dem Weg gehen, das Thema nicht ansprechen. Sollten Sie Ihren Blick auf andere lohnende Ziele richten können, so kann es sein, dass der Konflikt sich tatsächlich erledigt. Sollten Sie sich dennoch unwohl dabei fühlen, so besteht Handlungsbedarf für eine der o.g. Optionen. Holen Sie sich ggf. Unterstützung für die Konfliktlösung (Kollege, Führungskraft, einen Moderator / Mediator).

Konfrontation herstellen

Wer sich in einer mächtigen, einflußreichen Position befindet, kann eine Lösung „anordnen“ als einseitige Durchsetzung von Interessen („So wird es nun gemacht.“). Derjenige, dessen Interessen nicht oder nur gering vertreten werden, verfällt oft in den „Flucht- oder Überlebens-Modus“. Er hat weder Mittel, noch Macht oder Motivation, die eigenen Interessen durchzusetzen. Er muss sich damit arrangieren. Akzeptiert er die Entscheidung tatsächlich ohne zu hadern, so ist der Konflikt tatsächlich beendet. Akzeptiert er sie nicht, brodelt es unterschwellig. Schlechte Nachrede, „Sabotieren“ oder innere Kündigung - oder der Wunsch nach Versetzung, oder sogar die tatsächliche Kündigung sind oft die Folge einer solchen Konfrontation.

Fazit

Handelt es sich um Konflikte in Ihrem Team, ist es empfehlenswert, als Chefarzt / Chefärztin den Konflikt anzusprechen und zu handeln. Ansonsten leidet die Arbeitsleistung und die Motivation. Bisweilen reicht eine kurze Aussprache, manchmal sind auch disziplinarische Maßnahmen nötig (Abmahnung, Versetzung, Kündigung).

Sind Sie sellbst betroffen von einer Auseinandersetzung, ist es wichtig, sich über die eigenen Ziele klar zu werden, und das Maß an Verhandlungsspielraum - ob eine Win-Win-Situation möglich sein könnte. Oder welche Alternative bevorzugt wird von Ihnen.

Fotos: Dank an Dan Burton, Noah Buscher, Maxime Gilbert, Uriel Soberanes auf unsplash.com

Beitrag von Diana Runge, Gründerin docopulco & Online Coach für Chefärzt/innen